Mit hoch gekrempelten Ärmeln und dem Blick eines Adlers steht mein deutscher Mann am Herd.
Er studierte das Bio-Schwein in der Plastikfolie, bevor er feierlich verkündet:
„Heute gibt es Wiener Schnitzel!“
Mein Magen hüpft vor Freude.
Nach seinen indischen und japanischen Experimenten hoffe ich endlich auf etwas Konkretes!
Vier rosige, dünn zerlegte Schnitzel legt er vorsichtig vor sich hin, bevor seine Augen zu flattern und seine Hände zwischen den Töpfen und Gewürzen zu tanzen beginnen.
Ab jetzt existiere ich für ihn als Zukunftsmusik.
Als Verkostungskaninchen.
Ich verschwinde schnell in das Wohnzimmer und schalte den Computer an. Googeln nach einem virtuellen Urlaubsziel. Heute: „Kuba“. Ich fange an, mich bei Castro, Sonne und Sand langsam zu entspannen, als mich ein Schrei weckt.
Nein, das Essen ist nicht fertig. Er, mein deutscher Mann, ist in Panik geraten. Er sucht etwas, und in solchen Momenten kann nur ich ihm helfen.
„Verdammt, wo ist mein Fleischklopfer?“
„Fleisch... Was?“
Ach so... Sein neues chromglänzendes Ding, das er gestern nach Hause gebracht hat, dessen Preis er verschweigt und für das ich mühsam, nach langen hin und her, doch noch einen Platz gefunden habe.
In zwei Schritten bin ich nun bei ihm
und ergreife die Chance, ihm zu zeigen, dass es ohne mich gar nicht geht.
Nicht mal in der Küche.
Inzwischen hole ich aus der untersten Schublade seinen Fleischklopfer und bin bei meiner bosnischen Oma.
Ohne meine Oma hätte auch mein Opa keine Chance gehabt, sein Restaurant im sozialistischen Jugoslawien zu führen. Seine Gäste liebten Omas Spezialitäten Bosanki Lonac, Sic Cevap, Maglice und Tripice.
Doch der Opa liebte Experimente. Trendgerichte aus Europa.
So lernte die Oma „Wienerschnitzel“.
Der Opa bestellte ihr extra aus Wien einen „Orginal-Schnitzelschläger“, wie wir das Ding nannten.
Von einem „Jugoschwabo“,
wie wir unsere Gastarbeiter riefen.
Als kleines Mädchen durfte ich dann, wenn ich Oma besuchte, die Schnitzel selber schlagen. Ich sei eine kleine Meisterin, lobte mich jedes Mal meine bosnische Oma.
Nun klopfe ich selbstbewusst die Schnitzel meines deutschen Mannes.
Doch er lobt mich nicht.
Er guckt mürrisch zu mir und murmelt etwas in sein Kragen.
Ich weiß, er mag keine Konkurrenz in der Küche, aber Schnitzel kann keiner besser schlagen als ich, damit muss er jetzt leben.
Die Wienerschnitzel, die ich schön dünn, wie früher bei Oma, geklopft habe, essen wir zehn Minuten später.
Wortlos.
Die Küche ist verraucht, sein Gesicht lang, die Schnitzel angebrannt.
Ich sei an allem schuld, verstehe ich zwischen seinen zerknitterten Augenbrauen. Ich hätte seine wunderschönen Bio-Schnitzel, nicht so dünn schlagen sollen, murmelt er zwischen zwei Bissen.
Ich verstehe nix. Mein Wiener schmeckt mir phantastisch. So „rescho“, knusprig und leicht angebrannt mag ich es am liebsten.
Exakt wie bei meiner bosnischen Oma.
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