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Schwein, vom satten Leben


Der Mensch ist, was er isst, sagt mein deutscher Mann.

Ich glaube, er hat recht.

Die Wirkung seiner Theorie spüre ich sofort. Hautnah.

Besonders nachts.

Denn sein Lieblingsgericht ist ein Tier.

Er isst Schwein und schnarcht und grunzt danach so laut,

dass die Nachbarn manchmal die Polizei rufen wollen.



Ich rufe die Polizei nie.

Wer weiß, was für ein Schwein die Polizei isst.

Dem Schwein meines deutschen Mannes vertraue ich eher.

Denn er holt es aus dem deutschen Bio-Supermarkt

in kleinen Stücken und gut verpackt.

Natürlich wünsche ich mir in solchen Nächten:

Mein deutscher Mann hätte am Abend Lamm gegessen

Oder noch besser - Fisch.


Nach dem Fisch herrscht in unserem Bett eine unheimliche Stille.

Ich wache trotzdem ständig auf und prüfe jedesmal, ob er noch atmet.

So versuche ich es mit einem neuen Gericht aus der Brigitte Diät:

Körner und Nüsse gefüllt in einer riesigen Paprika.

Als ich sie serviere, schaut er mich voller Liebe an.

Er kann kaum abwarten, hineinzubeißen.

Als er aber kein Schwein auf seiner Zunge spürt,

wie er es von seiner Mutter gewöhnt war,

die als Spezialistin für fleischgefüllte Paprika gilt,

macht er eine so schmerzhafte Grimasse,

dass ich plötzlich vor mir ein Huhn kurz vor dem Eierlegen sehe.

Fisch, Körner, Gemüse -

nichts für meinen deutschen Mann,

vielleicht noch als Beilage, so nebenbei.

Es sei denn,

er will endlich mal seine Meditation und seine Diät durchziehen

und nicht schon wieder wie immer – „langfristig planen“.


„Ein Mann ist, was er isst“, sagt mein deutscher Mann.


Also, ein Tier muss es sein, weiß auch inzwischen ich.

Aber warum Schwein? Warum Ochs? Warum nicht Lamm?

Jede Frau wünscht sich einen Mann so sanft wie ein Lamm.



„Lamm????“ kratzt sich mein deutscher Mann an den Kopf „Lamm ist O. K., so ab und zu“,

aber mit einem guten Schwein lasse sich nichts vergleichen, sagt er und brät schon genussvoll sein Schweinefilet mit Rosmarin.


Gestern war es asiatisch - Schwein mit Koriander und Curry.

Morgen plant er schon Schwein auf bosnische Art.


„Ich mag keine Cevapcici“, sage ich.


Außerdem bekomme ich von Schwein immer dicke Pickel

und mir wird übel.


„Nicht bei mir“, verspricht mir mein deutscher Mann.


Denn sein Schwein war ein glückliches Tier,

bevor es klein geschnitten und gut verpackt

im deutschen Bio-Supermarkt

in den Händen meines deutschen Mannes landete.

„Der Mensch ist, was er isst“, sagt mein deutscher Mann

Er isst Schwein

Und ich? Ich habe es


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